Ein etwas anderes Beispiel:
Die Eheleute Mistoff - er ist Architekt, sie Krankenschwester, mit zwei Kindern im Alter von 6 und 9 Jahren - haben von Herrn Wolf, dem Inhaber einer kleinen Spezialbuchhandlung mit drei Kindern zwischen 5 und 13 Jahren, ein 100 Jahre altes Haus samt Kamin und 1.500 qm Grundstück mit einem wunderschönen Obstgarten unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung gekauft. Das Grundstück der Familie Wolf grenzt direkt an das Grundstück der Mistoffs. Zugang zum Obstgarten ist derzeit noch von beiden Grundstücken ungehindert möglich.
Etwa ein halbes Jahr nach Kauf des Hauses stellt sich heraus, dass ein Atelier im Haus, das früher als Werkstatt genutzt wurde, für die heutige Nutzung ohne baurechtliche Genehmigung ist. Nur etwas später - im ersten Winter nach dem Einzug der Mistoffs - fiel die gesamte Zentralheizung aus. Der herbeigerufene Monteur hält eine Reparatur für unmöglich und schätzt die Kosten für eine Erneuerung der Anlage auf 10.000,- Euro. Zudem plaudert der Monteur, dass er das nach dem letzten Winter vorausgesehen und Herrn Wolf auch darauf hingewiesen habe. Die Mistoffs fühlen sich nach dieser Äußerung von Herrn Wolf hintergangen; trotz wiederholter Nachfrage, ob Folgekosten zu erwarten seien, hatte er nichts von der Heizung gesagt. Die Parteien entscheiden sich, das Problem nicht durch Anwälte klären zu lassen, sondern - zum Erhalt der bislang guten Nachbarschaft - eine Mediation zu versuchen.
Als der Mediator nach den Interessen der Parteien forscht, findet er im Verlauf der Gespräche heraus, dass die Mistoffs bis an die Grenze belastet sind: Sie haben den Hauserwerb voll fremdfinanziert, dies aber in den Verkaufsverhandlungen nicht offengelegt, in der Angst, Herr Wolf hielte sie dann nicht für solvent und würde das Haus nicht an sie, sondern an einen Mitbewerber verkaufen. Dabei hatten sie sich so in das hübsche kleine Haus mit dem Obstgarten verliebt. Der Obstgarten ist ihnen aber mittlerweile zur Last geworden, da die Pflege der Bäume wesentlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als erwartet. Dennoch sind beide Parteien an der Fortführung der bislang guten Nachbarschaft sehr interessiert - nicht zuletzt der etwa gleich alten Kinder wegen, die sich sehr gut verstehen.
Im Verlauf der Verhandlungen erwähnt Herr Wolf, wie gut es ihm gefällt, was die Mistoffs aus dem Haus gemacht haben. Insbesondere die Rekonstruktion des alten Kamins sei vorzüglich gelungen. Auf den sei er richtig neidisch, denn einen solchen Kamin wollte er schon immer haben. Nicht zuletzt durch diese Äußerung entsteht folgende Lösung: Die Wolfs als Voreigentümer übernehmen die Kosten der Heizungserneuerung. Dafür erhalten sie ein Nießbrauchrecht an der Obstwiese. Außerdem plant Herr Mistoff einen Kamin für Wohnung der Wolfs und baut diesen auch ein. Die Wolfs tragen dafür allein die Materialkosten. Außerdem bemüht sich Herr Mistoff um die nachträgliche Erteilung der Baugenehmigung für den Atelierausbau und erstellt die dafür erforderlichen Zeichnungen. Zudem stellt Herr Wolf Herrn Mistoff in Aussicht, ihn bei seinen Bekannten als guten Architekten bekannt zu machen. Dadurch werde sicherlich der ein oder andere Auftrag ins Haus kommen.
Anwendungsgebiete für NachbarschaftsMediation?
Bei Streitereien unter Nachbarn aus verschiedensten Anlässen
* Lärm: Hämmern und Bohren, Stereoanlage, Fernsehen und Radio, Hundegebell, Hausmusik, Rasenmähen
* Dreck im Treppenhaus
* Unangenehme Gerüche im Treppenhaus
* Gartennutzung
* Ungepflegtheit des Nachbargartens, überhängende Äste, zu hohe Hecken uvm.
* Tiere im Haus
* Streitigkeiten beim Erwerb oder Erhalt oder der Veräußerung von Wohnungseigentum
Rechtsstreitigkeiten sind häufig langfristig - und die Situation der Beteiligten ändert sich in der Regel nicht wirklich. Häufig zieht eine der Parteien nach dem Gerichtsverfahren doch aus...